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Auszüge folgender Kapitel
meines Buches
„Physiotherapie bei
„Hüftreifungsstörungen“.
4.1.2 Hüftaußenrotatoren
8.2.7 Erlanger
Beuge-Spreiz Orthese
9.3.6 Behandlung
der unreifen Hüfte im
3. Trimenon
9.4.2 Erste
Phase Reflexumdrehen
>> Gesamtes
Inhaltsverzeichnis |
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4.2. Hüftaußenrotatoren
Die Hüftaußenrotatoren
setzen sich aus anatomischer
Sicht
wie folgt zusammen
(Abb. 4.4):
>
M. gluteus maximus (= rot)
>
M. quadratus femoris (= lila)
>
M. obturatorius internus (=
blau)
>
Mm. Gluteus medius und minimus
(mit jeweils den dorsalen
Faserbündeln)
(= hellblau)
>
M. iliopsoas (nur bedingt,
auf jeden Fall aber in 30°
Außenrotationsstellung).
Auch hier beteiligen
sich noch weitere Muskeln
an der
Umsetzung der Außenrotation:
>
Alle Adduktoren außer
dem M. pectineus und dem M.
gracilis) sowie der
>
M. piriformis ( =grün)
und der
>
M. sartorius. |
Abb. 4.4 Stephanie
Burgenger |
Kapitel
4 Muskuläre Analyse der kindlichen
Hüfte
Die Bewegungen
um die Längsachse des Beines
hängen maßgeblich ab
von der Einstellung dees Oberschenkels
innerhalb der Sagitalebene aber
auch der Frontalebene. Diese Aussage
bestätigt sich durch die Anordnung
des Kapsel-Band-Apparates des Hüftgelenkes.
Durch die Verschraubung der vorhandenen
Bänder ist in der Neutralstellung
die Rotationsfähigkeit zugunsten
der Innenrotation wesentlich eingeschränkter.Kommt
der Femur in der Sagitalebene zunehmend
in eine Flexionsstellung, so kann
der Rotationsfähigkeit durch
dieschlaffenden Bänder ein
größerer Spielraum gegeben
werden. Für die Stabilität
der kindlichen Hüfte bedeutet
dies aber auch, dass die das Hüftgelenk
umgebene Muskulatur einen wesentlichen
Anteil an der Sicherung der noch
unreifen Hüfte übernehmen
muss. In Bezug auf die Versorgung
einer Hüftdysplasie mittels
einer Orthese wird daher der stabilisierenden
Wirkung des Kapsel-Band-Apparates
keinerlei Rechnung getragen. Im
Gegenteil: Nur durch den aktiven
Einsatz kann die Muskulatur eine
wichtige Rolle bei der Sicherung
des Hüftgelenkes spielen.
Weiterhin ändert
sich die Richtung der Rotationsfunktion
bei einem angebeugten oder sehr
stark ventralisierten Becken. Dies
wird besonders deutlich am Beispiel
M. piriformis. Der sehr kompakte
Muskel verläuft fast horizontal
von der Innenseite des Os sacrum
durch das Foramen ischiadicum majus
bis zur Innenseite der Spitze des
Trochater major. Er ist in seiner
Funktion ein Flexor und Abduktor.
Zudem rotiert er den Fermur:
Die
Umkehr des M. piriformis zum
Innenrotator ab einer Hüftbewegung
von ca. 60°.
Bis zur Flexion
von 60° rotiert er den
Fermur nach außen. Ab
60° liegt die Rotationsachse
ventral des Drehpunktes des
Hüftgelenkes, und somit
wird der M. piriformis zum
Innenrotator (Abb. 4.5).
Durch den knöchernden
Kontakt zum Os sacrum hängt
seine Funktion aber sehr strak
von der Stellung des Beckens
ab. Kommt der Muskel in einer
Flexion von über 60°
in eine zunehmende Außenrotation
bei gleichzeitiger Abduktion,
so wird der M. piriformis
in einen Dehnzustand gebracht.
Dies wird dann ausgeglichen
durch den Zugam ventralen
Os sacrum im Sinne der Nutation.
Das frühkindliche
Becken steht aber in jedem
Fall stark nach ventral gekippt.
Die Hüfte ist somit in
Beughaltung (=primitive Becken-Beuge-Haltung).
Der M. piriformis kann daher
seine Kraft nur dann entfalten,
wenn das Os sacrum als poximaler
Ursprung seiner Wirkrichtung
gehalten wird. Die Stellung
des Os sacrum hängt demnach
von der Aktivierung des gesamten
Beckens ab, welche wiederum
durch die Rumpfmuskulatur
beeinflusst wird. Nach distal
wird deutlich, dass er einen
großen Einfluss auf
die Stabilität des Hüftgelenkes
hat. Er zentriert den Hüftkopf
in der Pfanne und dies genau
in der Position, in der das
dysplastische Kind die Hüftorthese
trägt. Anhand dieses
Beispiels kann man sehr gut
die Notwendigkeit der Aktivierung
der Außenrotatoren erkennen,
denn ohne diese Muskelgruppe
kann die Hüfte keine
optimale Reifung erfahren.
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Abb. 4.5
Abbildung Stephanie Burgenger |
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Tab. 3
Schematische Übersicht
über das Verhalten der
rotatorischen Hebelarme der
Hüftaußenrotatoren
während der Hüftflexion.
Der M. quadratus femoris sowie
der M. obturatorius externus
bleiben über die gesamte
Flexion hinweg Außenrotatoren.
Der M. Piriformis als auch
der M. obturatorius internus
ändern ihre rotatorische
Funktion und werden oberhalb
von ca. 60°-80° Flexion
zu Innenrotatoren. (nach Klein
und Sommerfeld)
Herkunft
der Abbildung:
von
Tobias Bergerhoff selbst erstellt
in Anlehnung an:
Klein, Paul und Sommerfeld,
Peter (2004): Biomechanik der
menschlichen Gelenke. Elsevier
(Urban und Fischer): S. 230
|
FAZIT:
Die Außenrotatoren entwickeln
ihr größtes Drehmoment
in der Neutralstellung. Bei zunehmender
Flexion überwiegt das Drehmoment
der Innenrotatoren (Klein und Sommerfeld
2004). Eine gezielte Aktivierung
der Außenrotatoren ist aus
biomechanischer und entwicklungsphysiologischer
Sicht unumgänglich, da die
Kraftvektoren und die Entfaltung
der Muskelkraft einen direkten Einfluss
auf die Zentrierung des Hüftgelenkes
nehmen. Dieses Ziel gilt es, in
der konservativen Therapie im Einklang
mit der physiotherapeutischen Behandlung
umzusetzen.
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8.2.7 Erlanger Beuge-Spreiz Orthese
(Ströhlein 2004)
Die Erlanger Beuge-Spreiz
Orthese ist ein Hilfsmittel, in
dem sich viele Vorteile auch aus
anderen Orthesen vereinen. Sie ist
einsetzbar vom dritten bis zum 18.
Lebensmonat und kann alle Ausprägungsgrade
einer Hüftreifungsstörung
versorgen, bis hin zu Luxationen
des Typs IIIa und IIIb.
Im Gegensatz zu den meisten Hilfsmitteln
kann die Erlanger Beuge-Spreiz Orthese
daher für alle drei Behandlungsschritte
verwendet werden:
>
die Einrenkung (Reposition)
>
die Ruhigstellung (Retention) und
>
die Nachreifung.
Die Erlanger Beuge-Spreiz
Orthese besteht aus einer
aus Kunststoff gefertigten,
sieben Milimeter dicken
Bauch- und Rückenschale
mit einer breitenverstellbaren
Aluminiumverstärkung
(Abb. 8.10).
Das Kind kann durch die
in der Breite und Tiefe
stufenlos verstellbare Bauch-
und Rückenschale in
einer optimalen Passform
an den Rumpf gehalten werden.
Zwei seitlich an den Schalen
angebrachte Klettverschlüsse
formen somit das Rumpfmodul,
wodurch auch auf die sehr
einengenden Schultergurte
verzichtet werden kann.
Die sehr kompakten Aluminium-Hüftgelenke
verbinden die Bauchschale
mit den Oberschenkelschalen
und lassen in den Hüften
eine Beugung bis 140°
bei gleichzeitiger Abspreizstellung
von 50° zu. Dies gewährleistet
eine sehr gute und hüftkopfschonende
Beinhaltung, welche die
Beine vorzugsweise in Sitzhockposition
einstellt. Eine Teilbewegung
von 15° Extension und
15° Flexion kann in
den Hüftgelenken eingestellt
werden. Durch das zusätzliche
Anbringen von Aluminium-Kniegelenken
mit Unterschenkelschalen
kann der Behandlung von
instabilen Hüften Rechnung
getragen werden. Es kann
jedoch in der Vielzahl der
Fälle auf eine Unterschenkelfixierung
verzichtet werden, da die
Hüftköpfe der
Säuglinge in eine Innenrotation
gebracht werden.
Die Innenrotation wirkt
stabilisierend und erfolgt
automatisch bei auf dem
Rücken liegenden Säuglingen
durch die an der Bauchschale
angebrachten Hüftgelenke.
Der Verzicht auf Unterschenkelschalen
stellt einen nicht unwesentlichen
Vorteil dar, da somit auch
die so genannten „Liegekonsolen“
oder ähnliches nicht
erforderlich sind, die den
Eltern das Tragen der Säuglinge
und Kinder unmöglich
macht.
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Abb. 8.10
Die Erlanger-Beuge-Spreiz-Schiene
(nach Ströhlein 2004).
Herkunft
der Abbildung Bernd Ströhlein
|
Einige
Vorteile der an der Bauchschale
angebrachten Aluminium-Hüftgelenke
bestehen aus…
>
der vereinfachte Einstellungsmöglichkeit
der Orthese: Die Hüften des
Kindes können bei bereits angelegter
Schiene in
Rückenlage
liegend und mit Blickkontakt zu
den Eltern (und somit unter Ablenkung)
vom Orthopäden in Ruhe und
sehr genau
eingestellt werden
>
der Möglichkeit zur Einrenkung
der Hüften während das
Kind die Orthese trägt. Dies
liegt an der mit den Hüften
des Kindes
sehr gut übereinstimmenden
Beweglichkeit der sehr kompakten
Aluminium-Hüftgelenke
> einer
sehr kurz bemessenen Rückenschale.
Sie ermöglicht dem Kind ein
schmerzfreies und unproblematisches
Liegen auf dem Bauch
>
der sehr guten Möglichkeit
das Kind in der Orthese zu säubern,
ohne das Kind aus der Schiene nehmen
zu müssen. Dies trägt
wesentlich zur
Verbesserung der Hygiene bei (weniger
Wundsein) und einer größeren
Zufriedenheit des Kindes
>
einer sehr unauffälligen Handhabung
der Schiene in der Öffentlichkeit
beispielsweise beim Tragen des Kindes.
Ein sehr wichtiger
Vorteil der Schiene liegt in der
Tatsache, dass das Kind nach einer
geschlossenen oder auch offenen
Reposition sofort kernspintomographisch
(MRT) untersucht werden kann (während
der noch nachwirkenden medikamentösen
Sedierung).
Auch Anstelle eines
Hüftgipses kann die Erlanger
Beuge-Spreiz-Orthese eingesetzt
werden, denn die Orthese stellt
die Beine vorzugsweise in Sitzhockposition
ein. Um eine mangelnde Mitarbeit
(schlechte Compliance) der Eltern
und ein Verrutschen innerhalb der
Orthese zu verhindern, können
einmal-verschließbare Klettverschlüsse
Anwendung finden, die eine Manipulation
an der Orthese verhindern und den
konsequenten Orthesensitz gewährleisten.
Hinzu kommt das sehr leichte Gewicht
der Orthese, welches zwischen 300
und 800 Gramm liegt. Ebenso kann
die Wundheilung innerhalb der Orthese
nach der operativen Einrenkung erheblich
besser verlaufen, da die Narbe wesentlich
besser belüftet ist und eine
Kontrolle dieser effektiver ist,
um beispielsweise schneller Wundinfektionen
feststellen zu können. Es ist
den Kindern möglich, problemlos
auf dem Bauch und auf dem Rücken
zu liegen. Will sich der Säugling
umdrehen, so kann er in einer leichten
Seitenlage liegen - es sind immer
Antiluxationsdrücke vorhanden.
Die Erlanger Beuge-Spreiz-Orthese
ist die jüngste aber wohl auch
fortschrittlichste aller Hüftorthesen,
die durch ihre einfache Handhabung
und die damit verbundene gute Compliance
besticht. Sie wird bereits an mehreren
Universitatskliniken eingesetzt
und hat dort das Stadium der Erprobung
bereits durchlaufen – mit
gutem Erfolg.
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9.3.6 Behandlung der unreifen Hüfte
im dritten Trimenon
Der Säugling
befindet sich im vorletzten Trimenon
unmittelbar in der Vorbereitung
zur Aufrichtung. Er erprobt die
Vertikalisierung aus der Bauchlage
aber auch aus der Seitlage. Zu diesem
Zeitpunkt ist v.a. der schräge
Sitz ein wichtiger Meilenstein in
der Entwicklung des gesunden Kindes.
Kinder mit Hüftdysplasie nehmen
eine derartige Position eher verspätet
ein, und die Qualität des Haltungshintergrundes
ist dann zumeist auch qualitativ
schlechter. Die Vorstufe zum schrägen
Sitz ist die so genannte „Zwergen-Stellung“
oder Seitlage mit angestelltem Bein.
In der Seitenlage wird der Säugling
in eine stützende Position
gebracht. Diese variiert ausgehend
von der Rückenlage über
den Stütz auf einem Ellenbogen,
hin zum Handstütz, dem anschließenden
Lösen der Hand von der Unterlage
bis in den freien Sitz.
Das Kind befindet sich
in Rückenlage liegend
entweder auf dem Schoß
des Therapeuten, auf der
Behandlungsliege oder dem
großen Gymnastik-Ball.
Bei den zuletzt Genannten
steht der Therapeut dicht
hinter dem Kind. Er greift
von kaudal her mit einer
Hand durch die Beine auf
den ventralen Brustkorb
in Sternumhöhe. Das
obere Bein des Kindes liegt
auf dem Unterarm des Behandlers.
Nun wird mit Hilfe der
anderen Hand, die seitlich
auf das Becken des Kindes
gelegt wird, ein Drehvorgang
in die Seitlage initiiert.
Die dabei belastete Körperseite
wird aktiv verlängert
und die nun untenliegende
Hüfte findet sich in
einer Stützbelastung
wieder. Von dieser stützenden
Hüfte ausgehend orientieren
sich die Stellreaktionen
des Rumpfes bis hin zum
Kopf. Mithilfe einer aktivierten
ventralen Kette findet der
Säugling seine Aufrichtung
gegen die Schwerkraft, und
er bewegt – so wie
es der Therapeuten bahnt
- den Rumpf von der Unterlage
weg in die Vertikale. Dabei
kann der Zug der oben auf
dem Becken liegenden Therapeutenhand
den Grad der Aktivierung
steuern und die Höhe
der Aufrichtung bestimmen.
Entscheidend für
das Halten dieser Position
ist nun die Wechselwirkung
zwischen ventraler und dorsaler
Kette bzw. der exzentrischen
und konzentrischen Muskelarbeit
der gesamten Rumpfmuskulatur.
Um dies zu erreichen, stellt
der Therapeut das obere
Bein des Kindes mit dem
Fuß vor die unten
liegende Hüfte auf
der Unterlage auf. Nun kann
die das Becken fixierende
Hand weggenommen werden,
und sie wird von kranial
kommend unter der Achsel
des Kindes durchgeschoben
(Abb. 9.20).
Dort nimmt sie Kontakt
auf mit dem Unterschenkel
des soeben aufgestellten
Beinchens und fixiert dieses
auf der Unterlage. Auf diese
Weise wurde nun die Zwergenposition
eingenommen, die neben der
Aktivierung des Rumpfes
auch eine Belastung des
aufstehenden Fußes
gewährleistet. Durch
die nun durchgeführte
Gewichtsverlagerung wird
im Wechsel der Vorderfuß
und im darauf folgend die
Ferse des aufstehenden Fußes
belastet (Abb.9.21).
Die untenliegende
Hüfte wird somit zum
Dreh- und Angelpunkt des
gesamten Bewegungsüberganges.
Sowohl die aufliegende Beckenschaufel
als auch der sich in die
Unterlage stützende
Trochanter major sind hierbei
wesentlich an der Sicherung
dieser Position beteiligt.
Dabei ist eine bestimmte
Reihenfolge der Stützabfolge
einzelner Körperteile
zu beobachten, die dem Kind
die langsame Bewegung aus
der Seitlage von hinten
kommend nach vorne erst
ermöglichen. Die Beckenschaufel
wird, wie der Rand einer
auf die Seite gelegten Schüssel,
abgerollt, und zwar so weit,
bis sie als Punctum fixum
dem Trochanter major des
gleichseitigen Oberschenkels
das Aufsetzen mit seiner
hinteren Kante auf die Unterlage
ermöglicht. Initiatoren
dieser „Abstützbewegung“
sind die Außenrotatoren
der Hüfte. Hat der
Trochanter major, der bisher
das Punktum mobile darstellt,
seinen Stütz gefunden,
so kehrt sich die Situation
um. Punctum fixum ist nun
der Trochanter, der es dem
Becken ermöglicht,
sich über den zum Trochanter
dazugehörigen Hüftknochen
in den Raum nach vorne zu
bewegen. Das ist gleichbedeutend
mit einem Ziehen und Rollen
der Pfanne über den
Hüftkopf.
Die obere
Hüfte befindet sich
ebenfalls in einer optimal
eingestellten Hüftposition:
Das obere Bein ist in der
Zwergenstellung deutlich
flektiert, ca. 30°-45°
abduziert und außenrotiert
(siehe Abb. 9.20). Beide
Hüften müssen
somit ein perfekt aufeinander
abgestimmtes Bewegungsausmaß
koordinieren, der Rumpf
kann dies im aktivierten
Zustand größtmöglich
unterstützen. Entscheidend
ist hierbei die Stellung
des Beckens in der Frontalebene.
Kommt es hier zu kleineren
Veränderungen der Beckenhaltung
verändert sich sofort
der sensomotorische Input
über die Hüftgelenke.
Auch die Anpassung der Stellreaktionen
sollte als Konsequenz adäquat
erfolgen. Hier wird eine
Umkehr von Punctum fixum
und Punctum mobile sichtbar,
welche neben der Beeinflussung
der Wirkrichtung der einzelnen
Muskelgruppen auch intermittierende
propriozeptive Reize auf
die Partner Hüftpfanne
und Hüftkopf setzt
und zur Reduktion der Dysplasie
beiträgt.
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Abb. 9.20
Das Kind wird vom
Therapeuten aus der
Rückenlage in die
Zwergenstellung gebracht.
Mit der angewandten
Grifftechnik wird die
untere Hüfte als
Punktum fixum zu einen
Stütz auf die Unterlage
gebracht und das aufstehende
Bein zeigt vor dem Körper
des Kindes eine sichtbare
Reaktionen des Fußes
in Dorsalextension.
Herkunft
der Abbildung: Tobias
Bergerhoff
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Abb. 9.21
Das Kind wird vom
Therapeuten aus der
Zwergenstellung heraus
in eine Gewichtsverlagerung
in Richtung Vierfüsslerstand
gebahnt. Dabei kommt
es zu einem Wechsel
in der Belastung des
aufstehenden Fußes,
der in Vorlage mehr
auf dem Vorderfuß
und auf dem Rückweg
mehr auf dem Rückfuß
belastet wird.
Herkunft
der Abbildung: Tobias
Bergerhoff
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9.4.2 Erste Phase Reflexumdrehen
Die Behandlung
des Säuglings in der Rückenlage
erfolgt mittels der so genannten
„ersten Phase Reflexumdrehen“.
Mit dieser Ausgangsstellung, die
oftmals den Einstieg in die Vojta-Therapie
darstellt, können erste wesentliche
Voraussetzungen für das Erlernen
gezielter Aufrichtungsmechanismen
aktiviert werden. Das Reflexumdrehen
(ausgehend von der Rückenlage)
hat zum Ziel, den Körper nach
seiner globalen Aktivierung in eine
Drehbewegung zu versetzen im Sinne
eines Lokomotionsmusters. Die erste
Phase Reflexumdrehen endet demnach
mit dem erfolgreichen Drehvorgang
des Kindes aus der Rückenlage
auf die zum Therapeuten abgewandte
Seite. Jedoch liegt dieser Positionsveränderung
des Körpers im Raum ein aktiver
Haltungshintergrund zugrunde. Diesen
erreicht das Kind durch die zuvor
erzielte Aktivierung in der Rückenlage.
Die gesamte LBH-Region ist maßgeblich
an der Entwicklung des hierfür
erforderlichen Haltungshintergrundes
beteiligt. Das Erarbeiten eines
qualitativ hochwertigen Muskelspiels
im Bereich des Hüftgelenkes
führt zu einer deutlichen Zentrierung
der Hüftgelenke und einer physiologischen
Unterstützung des Reifungsprozesses
des Hüftgelenkes.
Die
erste Phase Reflexumdrehen
läuft in folgenden Schritten
ab:
Der Säugling liegt in
Rückenlage parallel zur
Bankkante dicht vor dem Therapeuten
(Abb. 9.27). Auf
der dem Therapeuten zugewandten
Rumpfseite wird ein adäquater
Druck in die so genannte Brustzone
des Kindes gegeben. Diese
befindet sich im Schnittpunkt
zweier Linien in der Frontalebene.
Die eine Linie liegt in Höhe
des sechsten bis siebten Rippenzwischenraumes
auf der Senkrechten durch
die Brustwarze, die andere
verläuft durch die untere
Begrenzung des Sternums nach
lateral. Die Druckrichtung
ist zunächst als Diagonale
beschreibbar, wobei das Ziel
der Druckrichtung die Schulterblattregion
auf der Hinterhauptsseite
ist. Wie von Frau Dorit v.
Aufschnaiter in der Zeitschrift
für Physiotherapeuten
(Heft Nr. 3 / 2000) beschrieben,
versucht das Kind individuell
in nachstehender Reihenfolge
auf diesen Reiz zu reagieren: |
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>
mit einer axialen Streckung
der gesamten Wirbelsäule
>
mit einer Adduktion und Depression
der Scapulae im Sinne einer
symmetrischen Schulterblatt-Belastung
in der Rückenlage
>
mit einer Aktivierung des Beckens
in dorsaler Richtung als aktive
Extension
>
mit einer gehaltenen Beugung
beider Beine in allen Beingelenken
mit
ungefähr
90° sowie einer Abduktion
von ca. 40° und einer Außenrotation
von ca. 20° (dies entspricht
annähernd einer
günstigen
Hüftgelenksposition im
Sinne einer Abspreizbehandlung
nach Fettweis). |
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Abb. 9.27
Die
erste Phase Reflexumdrehen.
Der Muskulatur des Rumpfes
wird aktiviert und nimmt das
Becken mit auf die Unterlage.
Die Hüftepfannen sind
optimal nach distal hin ausgerichtet
und die Hüftköpfe
werden durch die fein abgestimmten
Bewegungen des Beckens und
der Beine immer in das Zentrum
des Hüftgelenkes hin
gehalten. Eine axiale Streckung
der Wirbelsäule ist die
Voraussetzung dafür.
Herkunft
der Abbildung: Tobias Bergerhoff
|
Wie von Frau D.
v. Aufschnaiter beschrieben, setzt
das Kind aktiv die Beckenmuskulatur
ein, um aufgrund der Provokation
der Muskulatur der ersten Phase
Reflexumdrehen eine optimale Einstellung
der LBH-Region zu erreichen. Vor
allem durch die Aktivierung des
Beckens in die dorsale Richtung
gelingt es dem Becken, sich in aktiver
Extension mit dem hinteren Rand
der Beckenschaufeln in die Unterlage
zu „graben“. Dies führt
zu einem aktiven „Punctum
fixum“ des Knochens, der auf
seiner ventralen Seite die Hüftgelenkspfannen
bildet. Dem zeitgleich aktivierten
Hüftkopf wird sozusagen nun
eine perfekt liegende Hüftpfanne
angeboten und umgekehrt. Das hierbei
entstehende Zusammenspiel der Muskulatur
kann in der Ontogenese eines normalen
Säuglings in dem koordinierten
Zusammenspiel der sich entwickelnden
Hand-Knie- bzw. Hand-Fuß-Auge-Koordination
wieder gefunden werden. Deutlich
werden die Zusammenhänge in
der folgenden Abbildung (Abb. 9.28).
Der schraffierte Teil macht die
Feinabstimmung der Hüftkopfbewegung
deutlich, ähnlich der Bewegung
eines Stößels in einem
Mörser – nur mit dem
feinen Unterschied, dass es sich
hierbei um ein Hüftgelenk handelt.
Während der
ersten Phase Reflexumdrehen wird
der Kopf des Kindes in der Längsachse
des Körpers gehalten. Zu dem
wird der Kopf zu der Seite gedreht,
auf der in die Brustzone Druck ausgeübt
wird. Nach erfolgreichem Auslösen
der Zone und dem Erreichen einer
ausgewogenen Aktivierung des gesamten
Körpers des Kindes endet die
erste Phase Reflexumdrehen durch
den koordinierten Drehvorgang des
Körpers auf die Hinterhauptsseite
des Kindes, d.h. weg vom Therapeuten.
Bei diesem Drehvorgang kommt die
Dreidimensionalität des Lokomotionsprinzips
zur Geltung. Diese Dreidimensionalität
ist von Vojta ausgiebig beschrieben
worden und orientiert sich an der
physiologischen Entwicklung des
Kindes. Die hohe Qualität dieses
Drehvorgangs ist insbesondere bei
Hüftkindern so wichtig, da
sie eine gute Hüftkontrolle
voraussetzt.
Das physiologische
Drehen auf die Seite, welches aufgrund
der Spreizbehandlung und der anvisierten
Tragedauer der Spreizhose vom Kind
nicht gut nachzuvollziehen ist,
wird analog zur Bewegungsentwicklung
in einem Ganzkörpermuster durchgeführt.
Nach dem Erreichen einer vollständigen
Symmetrie verändert sich die
Einstellung des Körpers im
Raum bzw. auf der Unterlage. Das
Becken hat sich auf der Hinterhauptsseite
kaudalisiert, die entsprechende
Körperseite hat sich demnach
aktiv verlängert. Das Hinterhauptsbein
bereitet sich bei leichter Streckung
in der“ Hüfte auf die
Drehung vor, wobei die Hüfte
dieses Beines als Punctum fixum
fungiert, über das abgerollt
wird. Der Rumpf „legt sich“
auf der Hinterhauptsseite mit den
Rippen deutlich auf der Unterlage
ab. Auch das Becken folgt der Drehung
und legt die dem Therapeuten abgewandte
Beckenschaufel auf die Unterlage.
Nun kommt es zu der wichtigen Zusammenarbeit
zwischen Becken und Hüftknochen.
In dem Moment wo das Becken auf
der Unterlage als Punctum fixum
festgelegt ist, kann der Oberschenkelknochen
als Punctum mobile eine aktive Außenrotation
vollziehen. Am Ende dieser Bewegung
kommt der Trochanter major auf der
Unterlage zum Aufliegen und wird
zum Punctum fixum. Nun kehren sich
langsam die Verhältnisse um.
Über den Oberschenkel –
genauer gesagt über das Hüftgelenk
– beginnt die Drehung des
Beckens und des gesamten Körpers
auf die Seite. Das Becken wird jetzt
zum Punctum mobile, und die Hüftpfanne
„läuft in einer Rollgleit-Bewegung
über den unter ihr befindlichen
Hüftkopf. Dies entspricht wieder
symbolhaft dem Beispiel mit dem
Mörser und dem Stößel,
wobei nun der Mörser umgedreht
über den Stößel
gerieben wird. Auch das gegenüberliegende
Gesichtsbein dreht in leichter Abduktion
und Außenrotation bei zentriert
gehaltenem Hüftkopf in einer
für die nun oben liegende Hüfte
perfekten Stellung.
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